Zungenbrecher, Zungenroller Und Mutterzungen
von Jürgen Arndt, Royal Canadian

Es soll ja Menschen geben, die zu der Gruppe der „Zungenroller“ gehören, während es anderen unmöglich ist, die Zunge so spielend einfach längst röhrenförmig aus dem Mund zu strecken. Gut, da heißt es, es sei einfach genetisch unmöglich. Da kann ein Zungenroller noch so viel üben. Der Autor dieses Textes gehört zu der einen Hälfte der Menschheit, denen es genetisch nicht vergönnt ist, die Zunge nicht einrollen können – auch nicht nach noch so intensivem Training.

DEUTSCHEN AKZENT LOSWERDEN – AKZENTFREI ENGLISCH KÖNNEN

Da ist das ja hier mit dem Training, einen ganz besonderen Deutschen Akzent loswerden, Englisch also akzentfrei und innerhalb von 90 Minuten zu lernen eigentlich gar nicht so sehr utopisch, Unmögliches möglich werden zu lassen. Da ist noch jede Menge Luft nach oben und es lässt sich viel bewegen, wenn auch erst einmal zum Beispiel nur die eigene Zunge. Damit die Zunge mit gezielten Bewegungen den richtigen Akzent auch trifft oder aber eben vermeidet, braucht es das lebende Modell – am besten einen native Trainer.

ZWANGSLIPELN MIT DEM TIE-ÄTSCH

Das berüchtigte britische tie-ätsch ("th") zum Beispiel, was manchen Menschen – ich muss gestehen auch mir – noch immer eine Gänsehaut bereitet, da das Lispeln bei einigen meiner Landsleuten eine Art Abscheu auszulösen scheint, eine unberechtigte Urangst, die fürchten lässt, sich versehentlich auf die Zungenspitze beißen zu können, während dieser Laut zwischen den Zähnen erzeugt werden soll. Und da soll man den Tie-Ätsch-Laut in nur 90 Minuten durch den richten Zungenschlag erzeugen lernen? Möglich oder nicht?

90 MINUTEN ZUNGENYOGA

Keine Angst! Es geht in diesen neunzig Minuten nicht um Mundgymnastik, Zungenyoga oder Kieferzumba. Alles geschieht im Bereich des natürlich Machbaren. Vielleicht braucht die eine oder andere Übung nur ein paar geeignete Hilfsmittel, um mit dem Mund den erwünschten Laut zu erzeugen. Aber vor allem braucht es ein Gefühl des authentischen Anwendens. Dies kann kaum einer besser vermitteln als ein muttersprachlicher mit reichlich Empathie für seine Schülerinnen und Schüler ausgestatteter Trainer. Diese Trainer haben dann eh einen Draht zu Anwendung und Materie in einem. Sie nehmen auch dem Gegenüber die Befürchtungen vorweg, sich durch die Art und Weise fremdartige Laute zu artikulieren vor den Anderen lächerlich zu machen oder zum Gespött der Zuhörer zu werden.

IDENTITÄTSSTIFTENDE AKZENTE SETZEN

Es geht auch nicht so sehr wirklich darum, den deutschen akzent loswerden englisch werden zu wollen, um als Deutscher möglichst unerkannt zu bleiben, denn es geht um Anerkennung der Gesprächsrunde. Es geht um Anpassung und um Integration. Deshalb geht es in dieser knapp bemessenen Zeit vor allem darum, Englisch als Sprache mit samt Fremdlauten anzunehmen. Denn auch Englisch setzt in seiner oft kurzen und knappen Begrifflichkeiten Akzente und die gilt es zu übernehmen, so gut es eben geht.

SINGEN ALS STIMMTRAINING

Vielleicht ist es gar nicht unbedingt die Sprache selbst, die Schwierigkeiten in der Artikulation und damit in der Aussprache, der Betonung und der Akzentuierung bereiten. Dagegen kann man persönlich etwas tun. Einfach die Stimme trainieren. Menschen, die wenig und leise reden, sollten einfach mal die Stille mit schrillen lauten Schreien schneiden. Es findet sich sicher einen Moment und einen Ort des Alleinseins, wo man aus sich herausgeht und ein, zwei Urschreie in die Atmosphäre brüllt. Die Stimme bewusst einzusetzen. Heben. Senken. Hohe und tiefe Töne. Leises Wispern. Lautes Räuspern. Denn auch die Stimmbänder sind Organe, die trainiert werden wollen. Singen ist dabei die schönste und effizienteste Art des Stimmtrainings.

ÖFFENTLICHKEIT SUCHEN

Debattieren und Diskutieren stärken die Stimmen. Vorlesen ist auch von Vorteil, um die eigene Stimme bei Laune zu halten. In jeder größeren deutschen Stadt findet man im Hauptbahnhof einen Kiosk mit ausländischer Presse. Darunter sind auch Erscheinungen aus Großbritannien und den USA. Einfach mal eine englischsprachige Zeitung oder Zeitschrift mit nach Hause nehmen und dem Partner oder der Partnerin einen Artikel laut vorlesen. Man darf gespannt sein, was der Partner am Schluss der Lesung verstanden hat. Ideal wäre, wenn der Partner auch englisch kann. Und wenn er es nicht kann, dann ist es eine aufmerksame Geste, wenn er trotzdem zuhört und man sich genügend Mühe gibt, sich vorzustellen, dass der Partner einen anspruchsvollen Zuhörer mimt. Eine höhere Form des Vortrags besteht natürlich im unvoreingenommenen Publikum, da man Unvoreingenommenheit dem eigenen Partner nicht unbedingt abverlangen kann. Dafür gibt es in unserer Demokratiekultur genügend Gelegenheiten sich einzubringen. Wichtig ist das Stimmtraining und dabei die Gewissheit zu erringen, nicht nur gehört, sondern auch verstanden zu werden. Das ist eine echte Grundsteinlegung, um an die Akzentuierung heranzugehen. In welcher Sprache auch immer. Und im Englischen besonders mit dem 90 Minuten Kurs Accentreduction.
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